So geht Wohnbau | Rubrik Zukunftsweisend
Ausgabe 2024 | Text: Christina Mothwurf, Fotos: © Wolfgang Thaler, Daniel Hawelka
Wenn man auf einer der großzügig angelegten Dachterrassen des Wohnquartiers steht, den Bewohner:innen beim Garteln zuschaut und den grünen Blick in die Weite aufs Wiental und den Lainzer Tiergarten genießt, wird schnell klar: Diese Anlage ist nicht ohne Grund mehrfach ausgezeichnet und etwas ganz Besonderes. Das 30000 m2 große Vorzeigewohnquartier Wientalterrassen in der KätheDorsch-Gasse im 14. Wiener Gemeindebezirk wurde vom österreichisch-finnischen Architekturbüro Berger+Parkkinen in einer Arbeitsgemeinschaft mit Architekt Christoph Lechner & Partner geplant und umgesetzt, wenig später mit klimaaktiv Gold sowie dem Österreichischen Betonpreis ausgezeichnet. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Das moderne Stadtquartier mit unterschiedlichen Wohnkonzepten, einem Generationenzentrum sowie einem Bildungscampus setzt einen Meilenstein im sozialen und nachhaltigen Wohnbau. Darüber hinaus ermöglicht das innovative und hocheffiziente Energiekonzept eine von fossilen Brennstoffen komplett unabhängige und nachhaltige Wärme- und Kälteversorgung der gesamten Wohnhausanlage. Sowohl Mieten als auch laufende Betriebs- und Energiekosten werden damit minimiert – und leistbares Wohnen möglich.
Kommunikatives Konzept
Durchs Red’n kumman d’Leut z’samm: Herzstück der Anlage sind die teilweise offenen und teilweise geschlossenen Höfe, die zum gemeinsamen Spielen und Zusammensein einladen. Die fünf Häuser, die quer zum Wienfluss als Ensemble realisiert wurden, bilden auf der Nordseite zur Bahnlinie hin eine Art „Rücken“, der durch einzelne verglaste Öffnungen in die Innenhöfe einen minimalistisch-urbanen Blick freigeben. Apropos Blick: Die besondere Lage im Wiental wird über die niedrigeren, südseitigen Bauteile zum Erlebnis. Dort bieten die drei namensgebenden „Wientalterrassen“ ein unglaublich großzügiges Flächenangebot, das sich sehen lassen kann: Hier wird nämlich gemeinsam gegessen, gespielt und gegartelt, Sommerküche und Bar laden zum gemeinsamen Genuss ein. Aber auch eine Vielzahl anderer lebendiger Bewohner:innen sind durch die schlaue Bepflanzung der Innenhöfe, Dächer,Fassaden und der drei gemeinschaftlichen Terrassen unterwegs. So ist nämlich die Basis für eine vielfältige Flora und Fauna entstanden. Erstere trägt in hohem Maße und auf natürliche Art und Weise dazu bei, der Sommerhitze den Kampf anzusagen.
Einfach Leben!
Die 30000 m2 große Wohnanlage bietet eine Vielzahl von Wohnmöglichkeiten, die sich an unterschiedlichen Lebensstilen orientiert. Das Projekt umfasst insgesamt 295 Wohnungen – 196 geförderte Mietwohnungen, 99 kleinere SMART-Wohnungen – sowie zwei Wohngemeinschaften für Kinder und Jugendliche und zwei betreute Einheiten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Darüber hinaus beinhaltet die Anlage ein Tageszentrum, das von der Verwaltung der Wiener Pensionist:innenheime betrieben wird und generationenverbindend wirkt, sowie ein weiteres Tageszentrum für externe Rollstuhlfahrer:innen und Büroräume. Inklusion wird damit nicht nur zu einem Versprechen, sondern ist gelebte Realität. Das Generationenzentrum „All in Penzing“ in Kooperation mit dem Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser wird so zum Treffpunkt für alle. Auf einer Fläche von 500 m² schafft das moderne Klublokal nicht nur Platz gemeinsame Feste von Jung bis Alt, auch Körper und Geist werden bei belebender Gymnastik, forderndem Gedächtnistraining und kreativem Basteln trainiert. Ein Platz, wo alle willkommen sind und wo kostenfrei Angebote genützt werden können, die garantiert in jedem Alter Spaß machen.
Massiv flexibel
Damit eine modulare Gestaltung mit viel Flexibilität und Freiraum überhaupt möglich wird, braucht es eine massiv vielfältige Basis – in diesem Fall innovativer Fertigteilbeton. Gepaart mit der schlauen Planung des Architekt:innenteams wurden so vielfältig modulierbare und flexible Grundrisse geschaffen. In den Wohnungen wurden lediglich Leichtbauwände verwendet; in einigen Bereichen gibt es auch so genannte Schalträume, die ohne allzu großen Aufwand geschlossen oder auf Wunsch auch abgetrennt werden können. Durch das Entfernen von Trennwänden zwischen Wohn- und Schlafbereich werden auch sehr moderne, loftartige und somit offene Raumstrukturen Realität. Beliebige Anpassungen für Ordinationen und Büros unterschiedlicher Nutzung sind ebenso problemlos möglich. Die daraus resultierende Flexibilität stellt auch im Sinne der Nachhaltigkeit ein wesentliches Asset dar.
Öko? Logisch!
Auch die zahlreichen Nachhaltigkeitsmerkmale machen die Wohnanlage zum Vorzeigeprojekt: Eine der Besonderheiten ist beispielsweise der umfangreiche Einsatz von Gründächern und Sonnenkollektoren, die nicht nur die Gestaltung der Bauten verbessern, sondern auch wichtige
Vorteile für die Umwelt bieten. Die Kraft der Sonne wird durch den Einsatz eines hochmodernen Solarpanelsystems genützt. Die schlauen in das Design der Gebäude integrierten Module vermindern nicht nur den CO2-Fußabdruck des gesamten Gebäudes, sondern reduzieren auch den Energieverbrauch erheblich. Wenn es draußen kälter wird, versorgen zwei Tiefensondenfelder durch eine Geothermieanlage und einer Solarabsorberanlage in Kombination mit drei Wärmepumpen die Bewohner:innen mit wohliger Wärme. Zusätzlich dazu sind weitere energieeffiziente Systeme im gesamten Gebäude am Werk, darunter Hochleistungsfenster und -isolierung sowie wassersparende Armaturen in allen Badezimmern. Ein durchdachtes Recyclingsystem fördert einen nachhaltigen Lebensstil für alle Bewohner- und Besucher:innen. Ein Musterbeispiel für gelebte Nachhaltigkeit sowohl beim Bau als auch im Betrieb. Es ist genau diese Art des Wohnbaus, die die Zukunft einläutet.
Sozial innovativ
Ausblick: Zukunft
Im modernen Quartier wird gelebt, wovon viele träumen:
- Inklusion
- Berücksichtigung der Lebensformen der Bewohner:innen
- Berücksichtigung des Alters der Bewohner:innen
- Gegenseitige Unterstützung
- Förderung eines lebendigen Miteinanders
- Leistbarkeit, besonders für Menschen mit niedrigen Einkommen
- Kein Einsatz fossiler Energien
- Forcierung alternativ ökonomischer Wege: Nutzen statt kaufen
Wientalterrassen
Auf einen Blick
- Architektur: ARGE KDG/Architekt Christoph Lechner & Partner & Berger+Parkkinen Architekten
- Bauzeit: 2020–2022
- Siegerprojekt: Betonpreis 2023, klimaaktiv-Gold-Auszeichnung
- Wohneinheiten: 295 (davon 196 geförderte Mietwohnungen, 99 SMART-Wohnungen für Alleinerziehende, 10 Housing-First-Wohnungen, 2 WGs und 2 Garconnierenverbünde)
- Energie: Photovoltaik | Wärmepumpe | Warmwasserrückgewinnung | Tiefensonden
- Wohnungsgrößen: 40 bis 106 m²
- Wohnnutzfläche: 20686 m²
- Geschäftsfläche: 1380 m²
- Fahrradabstellplätze: 664
- Tiefgaragen-PKW-Stellplätze: 210