Into the wild, wild west | Rubrik Zukunftsweisend
Ausgabe 2023 | Text: Christina Mothwurf, Fotos: © David Schreyer, Lukas Schaller
In einer sich ständig verändernden Welt spielt die Entwicklung von Quartieren eine zentrale Rolle bei der Schaffung lebenswerter und nachhaltiger Gemeinschaften. Moderne Quartierentwicklung ist jedoch weit mehr als nur die Planung von Gebäuden und Infrastruktur. Sie erfordert ein tiefgreifendes Verständnis der Bedürfnisse einer sich wandelnden Gesellschaft. Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein sowie soziale Vielfalt und Integration spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie eine passende und effiziente Infrastruktur sowie wirtschaftliche Nachhaltigkeit und eine naturnahe Umgebung. In der Entwicklung des Wildgartens im Westen Wiens wurden all diese Parameter berücksichtigt und mit dem Einsatz von massiven Baustoffen modernsten Standards in Sachen Nachhaltigkeit Rechnung getragen. Die Bewohner des Wildgartens profitieren so von einer gelungenen Mischung aus naturnahem Wohnen und Stadtleben. Direkt im Quartier eingebundene Grünflächen, wie beispielsweise die Wieseninsel, laden genauso ein, Frischluft zu tanken, wie der nahegelegene Wienerwald. Sammeltiefgaragen sorgen für eine autofreie Zone an der Oberfläche. Gleichzeitig überzeugt der Wildgarten durch eine gute Infrastruktur und Verkehrsanbindung. Angebote des täglichen Bedarfs, wie Nahversorger, Gastronomie und Kindergärten, befinden sich direkt im Wohnquartier, öffentliche Verkehrsmittel, wie Bus und Bahn, sind in fußläufiger Nähe.
Servus daheim!
Erst kürzlich durften neue Bewohner zum ersten Mal den Schlüssel für ihr neues Zuhause ins Schloss stecken. Im Juni diesen Jahres wurden neun Wohnhäuser – sechs davon in Ziegelbauweise – fertiggestellt und übergeben. Die neuen Wohnungen auf den Bauplätzen 9 und 13 befinden sich im Herzen des Wildgartens rund um den zentralen Quartiersplatz „Servus“, der mit zahlreichen Bäumen und Sitzgelegenheiten zum Verweilen und Entspannen einlädt. Vielfalt wird auch in der Gestaltung der Wohnhäuser sichtbar: In einem Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren Bauzeit sind hier neun verschieden große Häuser mit insgesamt 84 Wohneinheiten entstanden. Die Wohnungen verfügen über ein bis fünf Zimmer und sind zwischen 36 und 132 m² groß. Damit ist von der Familienwohnung im Reihenhausstil mit Garten bis zur Singlewohnung für jede und jeden der richtige Lebensraum dabei. Alle Einheiten verfügen über eine private Freifläche wie einen Garten, einen Balkon oder eine Dachterrasse. Die Bauteilaktivierung sorgt im Sommer für angenehme Kühle und im Winter für behagliche Wärme.
Generationenwohnen
Bei der Fassadengestaltung der Häuser haben die Architekten von GERNER GERNER PLUS. Anleihe an verschiedenen Baumarten genommen. Die Putzfassaden mit unterschiedlichen Strukturen spiegeln die Baumrinden wider und werden durch architektonische Zierelemente im Deckenbereich, den Jahresringen, gegliedert. Die Außenanlagen bieten Kinderspielbereiche, einen Wutzler, einen Tischtennisplatz und einen Chillgarten, wo man auf Liegen unter Bäumen entspannen kann, sowie einen Gemeinschaftsgarten mit Hochbeeten. Ein Gemeinschaftsraum samt Küche und Outdoorbereich bietet Raum für nachbarschaftliche Begegnung oder private Feiern. Apropos nachbarschaftliche Begegnung: Das schlau geplante Nachbarschaftszentrum im Wildgarten kann natürlich von allen Bewohnern auf ganz unterschiedliche Art und Weise genutzt werden: von der generationenübergreifenden Familienfeier im Gemeinschaftsraum bis hin zum Kreativworkshop in der 130 m2 großen Werkstatt.
Massiver Endspurt
Aber damit ist noch lange nicht Schluss. Anfang 2023 fiel der Startschuss für die Errichtung der letzten 14 Wohnhäuser auf vier Bauplätzen, allesamt in monolithischer Ziegelmassivbauweise errichtet, was die Anwendung herkömmlicher Vollwärmeschutzsysteme erspart – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und der Ressourcenschonung. Die geplanten Wohnhäuser sind zwischen zwei bis acht Geschoße hoch und schaffen Raum für insgesamt 157 Wohnungen. Für Projektentwickler ARE und die Architekten von schneider+schumacher war bei der Auswahl der Baustoffe der Ziegel der klare Favorit. „Dank seiner Materialstruktur kann ein Ziegel Wärme speichern und auch wieder abgeben. Er ist nicht nur energieeffizient, sondern auch langlebig und wertbeständig sowie aufgrund des Tonabbaus und der Produktion in Österreich ein sehr regionales Produkt. All diese Aspekte sind mit ein Grund, wieso wir diesen Baustoff immer gerne verwenden. Beim Projekt Wildgarten war für uns ganz wesentlich, die Ziegel schon bei der Planung mit größter Sorgfalt zu behandeln“, skizziert Architekt Eckehart Loidolt von schneider+schumacher. Bei der Entwicklung aller Immobilien im Wildgarten steht Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus im Fokus – von der Bauweise bis hin zur Energieversorgung. Mit den Ziegelbauten im Wildgarten entsteht damit ein weiterer Meilenstein, indem ein gut dämmender, heimischer Baustoff zum Einsatz kommt. Schließlich kann durch den Einsatz von Ziegel auf einen Vollwärmeschutz mit erdölbasierten Produkten verzichtet und auch in der Nutzung Energie eingespart werden. Unterstützt wird dies auch durch die Bauteilaktivierung – eine in die Betondecke integrierte Heizung mit guter Speicherfähigkeit.
Meidlinger Meilenstein
Das letzte Stück des Wildgartens ist ein wichtiger Meilenstein für den Bezirk, denn ein solch großes Projekt wird es in Meidling nicht mehr geben. Und mit dem Bau der letzten Wohnungen auf den Plätzen 3, 12, 14 und 15 ist das Quartier komplett fertig realisiert. Die von schneider+schumacher Architekten geplanten Wohnhäuser mit zwei bis maximal acht Geschoßen werden insgesamt 157 Mietwohnungen beherbergen. Alle 14 Gebäude werden in nachhaltiger monolithischer Ziegelmassivbauweise mit Stahlbetondecken errichtet. Aber nicht nur die Bauweise ist nachhaltig: Jeder der vier Bauplätze erhält eine eigene Photovoltaikanlage, um einen Teil des benötigten Stromes autark zu produzieren. Die Wärme wird über die Bauteilaktivierung,
also über eine in die Betondecke integrierte Heizung abgegeben. Durch die gute Speicherfähigkeit von Beton kann so der Energiebedarf gesenkt werden. Sämtliche Flachdächer werden mit Gräsern und Kräutern begrünt und bieten neben den Grünflächen zwischen den Gebäuden auch Insekten einen Lebensraum und Nahrung. Fledermäuse können in Nistkästen an den Fassaden einen Unterschlupf finden.
Rekord in luftiger Höhe
Highlight im neuesten Teil des Wildgartens sind die zwei höchsten der insgesamt 14 Gebäude. Sie sind die weltweit ersten mit jeweils acht Vollgeschossen in monolithischer Ziegelbauweise, inklusive integrierter Wärmedämmung, bei dem die komplette Tragstruktur mit keramischem Mauerwerk ausgeführt wird. Und das will schon was heißen – schließlich beinhaltet dies alle tragenden Bauteile ab dem Erdgeschoß, innen wie außen. Um diesen Rekord so effizient als möglich und vor allem in Sachen Statik und Dynamik sicher umsetzen zu können, war ein österreichisches Forschungsteam bestehend aus führenden Köpfen der Wissenschaft, Ziegelindustrie und Software-Entwicklung im Einsatz, das das gesamte Projekt auf Herz und Nieren geprüft und den Verbau von insgesamt 205000 Wienerberger-Ziegel möglich gemacht hat. Nach Fertigstellung dieser 14 Wohnhäuser ist das Quartier Wildgarten, das naturnahes und gleichzeitig städtisches Wohnen vereint, übrigens komplett und freut sich auf viele naturhungrige Bewohner, die in Zukunft volle Lebensqualität in einem enorm modernen und nachhaltigen Quartier Tag für Tag erleben und genießen können.
Auf einen Blick
- Areal: über 10 Hektar
- Nutzfläche: rund 82.000 m²
- Wohneinheiten: rund 1.100 Wohneinheiten für mehr als 2.300 Menschen
- Bauplätze: 22 – davon 14 von der ARE entwickelt
- Autofreies Quartier mit Sammeltiefgaragen – ca. 800 Stellplätze
- Infrastruktur wie Kindergarten, Restaurant und Nahversorger direkt im Quartier
- Masterplan: arenas basabe palacios arquitectos und und M&S Architekten ZT GmbH
- Bauplätze 9 + 13: GERNER GERNER PLUS.
- Bauplätze 3, 13, 14 und 15: schneider+schumacher
- Landschaftsplanung: LAND.IN.SICHT
- Unterschiedliche Bebauungstypen von XS bis XL